Einsatz auf Hawaii 2020
Während unseres Auslandsaufenthaltes in den USA konnten wir einen Einblick in die Arbeit eines amerikanischen Sanctuarys/Gnadenhofs für exotische Tiere bekommen und haben viele Gemeinsamkeiten zu unserem kleinen Gnadenhof entdeckt.
Die „Three Ring Ranch“ befindet sich auf der Insel Big Island, der größten der Hawaiianischen Inseln und besitzt im Bundesstaat Hawai‘i die einzige Lizenz für die Haltung exotischer Tiere. Geführt wird der Gnadenhof von Ann Goody, einer Humanmedizinerin, die sich auch das sehr spezifische medizinische Wissen um die exotische Tierwelt angeeignet hat. Ihr Mann Norm arbeitet als Notfallmediziner in einem der Krankenhäuser auf dieser Insel.
Die Artenvielfalt hat uns sehr überrascht. Es sind Affen, Papageien, Kraniche, Strauße, Alpaca, Zebra, Schildkröten, Lemuren, Chinchilla, Mäuse, Ziegen, Schwein, Gänse, Hühner, Pferde, Flamingos, Eulen, Falken, Büffel, Esel, Enten Hunde und Katzen auf dem großen Privatanwesen mit ausreichend Weideflächen untergebracht.
Die Tiere gelangen aus den unterschiedlichsten Gründen dorthin. Hotels oder Unterkünfte, in denen die Tieren nicht artgerecht untergebracht wurden, sind nur eine Facette. Einige Tierbabys wurden aufgenommen, weil sie ihre Mütter verloren haben, sie sind einem Verkehrsunfall zum Opfer gefallen oder wurden wegen Verwahrlosung beschlagnahmt. Wie wir erfahren konnten, sind die meisten Besitzer von exotischen Tieren, die diese zu Heimtieren machen, mit der Unterbringung, Pflege und den Bedürfnissen der Tiere völlig überfordert und wollen sie irgendwann schnellstmöglich loswerden. Wer denkt schon bei der Anschaffung einer Babyschildkröte daran, dass diese in ein paar Jahren bis zu 130 kg zulegen kann?
Insbesondere die Schildkröten sind die großen Verlierer in der Heimtierhaltung. Meistens werden sie angeschafft ohne zu wissen, wie groß, schwer und vor allem alt die Tiere werden, von den Herausforderungen bei der Ernährung ganz zu schweigen. So finden wir auch Schildkröten mit verformten Panzern, die sich aufgrund falscher Ernährung nie richtig entwickeln konnten.
Genauso kommen aber auch Tiere vom Festland ins Sanctuary, die ihr Zuhause oder ihre Eltern verloren haben oder aus Tierschutzprojekten gerettet wurden.
Als in 2018 der Vulkan auf der Insel ausgebrochen ist, wurden einige Tiere von der Lava eingeschlossen und von den Mitarbeitern des Gnadenhofs mit Hubschraubern aus dem Gebiet gerettet. Sie wären sonst unweigerlich verdurstet. Viele der Hühner haben ihr Federkleid verloren und Verbrennungen erlitten, können heute jedoch nach erfolgreicher medizinischen Versorgung ein ganz normales Leben führen. Nick, das Wildschwein musste über viele Fütterungen immer wieder angeflogen werden bevor es gelang, ihn aus dem vom Lava eingeschlossenen Gebiet, zu befreien. Mit Schwein Nick haben auch wir bei jeder Begegnung geübt, unterforderte Schweine sind unglückliche Schweine, das können wir nun sagen. Nick ist super intelligent, er lässt sich wie ein Hund auf Übungen ein und lernt unglaublich schnell. Er ist auch der heimliche Lieblingsfreund von Zebra Paddy. Die beiden verstehen sich blind und genießen die gemeinsame Zeit.
Eine Geschichte hat uns ganz besonders getroffen. Eine junge Frau, die ihr Baby verloren hat, kaufte sich kurzerhand zwei Affen, um diese zu stillen und wie ein Baby groß zu ziehen. Natürlich mit fatalen psychischen Folgen für die Affen, die gelernt haben permament in einer Decke zu liegen und in ihrer wichitgsten Lebensphase keine natürlichen Verhaltensweisen kennengelernt haben. Mit Anns unglaublicher Geduld in täglichen Übungen und auch mit der Hilfe der älteren Affen konnten wir bei den Beiden in der Zeit, die wir dort waren tolle Fortschritte beobachten.
Der Tagesablauf und das Führen eines Animal Sanctuarys auf Hawai‘i unterscheidet sich kaum zu einem deutschen Gnadenhof. Der Tag beginnt mit der Versorgung der Tiere und auch hier hat jede Tierart ihre besonderen Bedürfnisse und ihr spezielles Futter. Da es sich um Exoten handelt wird natürlich auch exotisches Futter benötigt. Und so geht es jeden morgen zum Safeway, einem Supermarkt, der aussortiertes Obst und Gemüse für das Sanctuary bereitstellt. Was für ein großes Glück! Denn die Mengen, die im Sanctuary benötigt werden, sind natürlich riesig und würden ein riesiges Loch in die Kasse fressen, wenn alles gekauft werden müsste.
Wie bei uns gibt es regelmäßig Anrufe von Tierschützern, Menschen, die ein Tier verletzt gefunden haben, Menschen, die in Not geraten sind und ihre Tiere nicht mehr alleine versorgen können… E-Mails und Anfragen müssen immer zwischendrin beantwortet werden, denn für regelmäßige Bürostunden ist auch auf Hawai‘i kaum Zeit.
Gerade die armen verhaltensauffälligen Tiere sollten natürlich auch ein artgerechtes Leben führen und dafür braucht es Zeit und sehr viel Beschäftigung. So mussten die Flamingos an ihren Teich gewöhnt werden und wurden ins Wasser getragen. Leider kannten sie bis dato kein Wasser, weil es in dem Hotel, in dem Sie für Touristen zur Schau gestellt wurden einfach keinen angemessen Teich gab. 20 Jahre Haltung eines Wasservogels ohne Wasser, das bricht einem das Herz! Grausam.
Auch die Affen und Papageien brauchen ihre Streicheleinheiten und Trainingseinheiten, und so werden täglich mehrere Stunden für das Training und die Zuwendung geplant. Denn auch Papageien werden wie bei der Erziehung von Hunden für nicht gewünschtes Verhalten mit Missachtung bestraft und brauchen viele kreative Ideen, wie bspw. Futterversteckspiele, um ausgelastet zu sein.
Zum Glück gibt es immer Menschen, die für das Gute einstehen und Vereine unterstützen. Und so kann sich auch Ann an einigen Tagen der Woche auf ehrenamtliche Helfer verlassen. Es ist eine große Hilfe bei der Vielzahl an Aufgaben und Reinigungsarbeiten und ganz nebenbei entstehen echte Freundschaften. Wir wurden von allen sehr lieb aufgenommen und hatten jeden Tag das Gefühl eine echte Unterstützung zu sein.
Natürlich konnten wir auch viele Projekte umsetzen, das Gehege der kranken Straussendame Big Bird erscheint jetzt im neuen Glanz, genauso wie der große Teich der Wasservögel, Flamingos! Wir konnten den Bau der neuen Vogelvoliere beginnen und den Tornadoschutzraum umbauen. Zwischendurch haben wir natürlich immer mit unserem Supervisor engen Kontakt, mal einer Ziege, einer Gans, einem Zebra oder einem Papagei. Insbesondere der Austausch zu den Marketingaktivitäten des Vereins war sehr hilfreich.
Freundschaften gibt es auch unter den Tieren. Die Esel Dame lebt mit Cody dem Bison. Die beiden verstehen sich blind und genießen die gemeinsame Zeit mit spielen und gemeinsamem grasen. Ratet mal, wer in diesem ungleichen Duo die Chefin ist?
Der Tag endet natürlich mit der Versorgung der Tiere. Bis bei der letzten Fütterungsrunde so jeder sein Leckerchen und seine Portion bekommen hat, ist es ganz schnell dunkel, denn um 19:00 Uhr spätestens ist die Sonne in diesen Breiten ganzjährig verschwunden.
Wir sagen Hut ab und Danke für diese schöne und lehrreiche Zeit. Natürlich kommen wir gerne wieder, um zu helfen! Das kann übrigens jeder tun! Volunteering ist in den USA auch mit dem Touristenvisum möglich. Wer also Lust und Zeit hat das Schöne mit dem Nützlichen zu verbinden, kann sich gerne ein Tierheim oder einen Gnadenhof raussuchen. Es gibt unzählige Projekte, insbesondere auf Inseln. Wer gerne einmal auf Hawai‘i einen Einblick bekommen möchte, kann sich gerne bei uns melden, wir stellen den Kontakt her.
https://de-de.facebook.com/ThreeRingRanch/
Thomas & Mandy
Im Mai 2020